2011

50 Jahre Heimatmuseum Schinznach-Dorf

Vorgeschichte 

Der Arzt Dr. Theodor Keller sammelte in der ganzen Talschaft alte nicht mehr gebrauchte Gegenstände, vom Küchengeschirr über Mäusefallen, Ofenkacheln, Ziegeln bis zu Eggen und Leiterwagen. Wo er alles lagerte, wusste nur er. Das meiste landete auf seinem Estrich.

Zum Anlass 150 Jahre Kt. Aargau im Jahr 1953 veranstaltete die Kulturvereinigung Grund in den sechs Zimmern des Primarschulhauses eine Heimatausstellung. Den Grundstock bildeten die von Dr. Keller gesammelten Gegenstände. Mit einem Aufruf wurden die Bewohner der ganzen Umgebung aufgefordert weitere Objekte zu bringen. Diese Ausstellung fand weitherum grosse Beachtung. Viele der gebrachten Gegenstände konnte man behalten, andere wollten die Besitzer zurück. In den Köpfen der Veranstalter geisterte bereits ein Museum herum.

Museumsgebäude

Am 5. Jan. 1957 kaufte die Gemeinde die Liegenschaft Nr.  81, Doppelwohnhaus mit Scheune und Schopf, sowie einem Doppelspeicher mit Jahrgang 1647. Dieser Speicher war am verlottern und für die Bedürfnisse der Gemeinde uninteressant, abbruchreif.  Der Gedanke an ein Museum nahm konkrete Formen an. Abklärungen ergaben, dass das Mauerwerk und einige Balken noch in gutem Zustand waren. Der Gemeinderat war bereit, die Ruine für den Bau eines Museums zur Verfügung zu stellen und die Renovation mit Fr. 4’000 zu unterstützen. Die Vorbereitungen konnten beginnen. Sorgen bereitete die weitere Finanzierung. Für diese setzte sich der damalige Präsident der Kulturvereinigung Grund ein, Dr. Eduard Gerber. Im Jahr 1960 kam mit Hilfe einer breit gestreuten Aktion bei den Mitgliedern des Grund, den benachbarten Gemeinden, Industrien, Heimatschutz, Kanton Aargau etc. eine stattliche Summe zusammen, sodass eine Baukommission ihre Arbeit aufnehmen konnte. Die Bauarbeiten wurden in Angriff genommen. Sehr viel wurde in Fronarbeit an Samstagen und an Abenden erledigt. Wo Handwerker nötig waren wurden sie eingesetzt. Die meisten verrechneten nur die Materialkosten und sandten auch grosszügig quittierte Rechnungen.

Einweihung

Die offizielle Einweihung des Heimatmuseums fand am 27. Mai 1961 statt. Natürlich festlich mit Ansprachen, Speis und Trank. In der Folge wurden noch einige Einrichtungen verbessert und ergänzt. Die letzten Rechnungen trafen ein. Damit der Grund sie bezahlen konnte, war er genötigt ein Darlehen aufzunehmen. Er musste sich daher 1963 von einer Vereinigung in einen Verein nach OR umwandeln mit Statuten und Jahresrechnung.

Am 19. März 1966 erhielt der Grund an einer eindrücklichen Feier von der Kulturstiftung Pro Argovia für seine Tätigkeiten einen Preis von Fr. 3000.-. Die entsprechende Urkunde hängt beim Eingang des Museums. Mit dieser Preissumme und einer weiteren Bettelaktion unter seinen Mitgliedern wurde der Grund wieder schuldenfrei.

1976 wurde in der Scheune der Familie Iten (heute Kafitassli) ein zentrales Depot errichtet. Die an verschiedenen Orten gelagerten Gegenstände konnten nun etwas geordneter eingereiht werden. Im folgenden Jahr putzte und katalogisierte der Student Oliver Morach in monatelanger Arbeit die über 2000 Objekte.

Stiftung Heimatmuseum Schinznach-Dorf

Im Jahr 1982 wurde das Museum in eine Stiftung der Gemeinde überführt, d.h. der Gemeinderat hat die Oberaufsicht und ist in der neu geschaffenen Museumskommission vertreten. Der Grund, heute KulturGRUND, stellt darin stets zwei Mitglieder. Als Mitgift erhielt die Stiftung Fr. 10’000 vom Grund.
Im Jahr 1993 erfolgt der Bau des Feuerwehrmagazins. Der Dachstock über dem Feuerwehrmagazin wird von der Gemeinde dem Museum als Depot zur Verfügung gestellt.

Heisterausstellung

Am 12. Juni 1999 wurde die permanente Heister-Ausstellung im Untergeschoss des Heimatmuseums eröffnet.

Hier werden hauptsächlich die Fundstücke gezeigt, die im Sommer 1996 von einer Arbeitsgemeinschaft der Naturhistorischen Museen von Aarau und Basel nach wissenschaftlichen Prinzipien ausgegraben wurden. 

Der Steinbruch im Heister war lange einfach Materialliferant für die hiesigen Rebmäuerchen. Robert und Gottlieb Amsler waren die Betreiber und wandten sich mit ihren Fossilienfunden von Zeit zu Zeit an den Dorfarzt  Dr. Theodor Keller, der seinerseits Hans Hess beizog, der dann in diversen Veröffentlichungen von 1972 – 1987 die prächtig erhaltenen Echinodermenarten vorstellte bis eben eine geordnete Grabung stattfinden konnte. Grabung und Ausstaffierung des Ausstellungsraums erhielten Unterstützung von der Gemeinde, von der  Werkstatt Schenkenbergertal (Schoggitaleraktion 1996), von Firmen und Privaten.

Die Heisterfunde sind weltweit einmalig. Die zarten Skelette von vielen  verschiedenen Seestern-, Seeigel- und Seelilienarten fossilisierten hier in grosser Zahl, auch etliche bisher unbekannte.

Emma Baumgartner

1999 stirbt Emma Baumgartner. Die langjährige Besorgerin und Führerin vermacht dem Museum Fr. 100’000. Dieses grosszügige Legat ermöglichte 2001 einen offenen Verbindungstrakt vom Museum zum Haus 81 als zusätzlichen Ausstellungsraum  für grössere Objekte zu erstellen und den Vorplatz mit einer Store zu versehen.

Kulturgüterschutz

Seit 2005 ist der Zivilschutz (Abt. Kulturgüter) daran alle Gegenstände auf dem Computer und fotografisch zu erfassen. 

Bestand heute: 3413 Gegenstände, davon 3099 fotografiert.

Mühlchen und Pflügchen

Die kleinen ganz gross im Heimatmuseum Schinznach-Dorf  am 4. und 5. Juni 2011

Da das kleine Heimatmuseum Schinznach-Dorf wenige Schritte von der grossen Mühle liegt, möchte es auch seinen Beitrag zum schweizweiten Mühletag am 4. Juni leisten.  Ausnahmsweise hält es also an einem Samstag seine Pforten offen, damit die Mühlebesucher auch das Modell der Veltheimer Ölmühle von  Willy Hartmann in Betrieb sehen können. Hier entspricht jede kleinste Einzelheit dem Original, das auch im Museum wasserbetrieben wird und voll funktionstüchtig ist.

Am darauffolgenden Sonntag, dem 5. Juni, schliesst sich dann schon der ‚offizielle’  Öffnungstag an. Ein Fachmann für landwirtschaftliche Maschinen wird uns besuchen und uns die Besonderheiten der Fülle der ausgestellten Modelle von Pflügen, Eggen, Sortier- und Sämaschinen erklären. Sie alle stammen aus der landwirtschaftlichen Schule Brugg und wurden vor der Zeit der Hellraumprojektoren oder gar Beamer als Demonstrationsobjekte benutzt. Auch hier ist jedes Detail sorgfältigst gearbeitet und betriebsbereit. Der Fachmann auf Besuch aber ist Paul Müri persönlich, in Schinznach an der Bözeneggstrasse aufgewachsen und, nach dem Agronomiestudium an der ETH, Lehrer an der landwirtschaftlichen Schule Liebegg. Sein Spezialfach sind Landwirtschaftsmaschinen und deren effizienter Einsatz – ein spannender Sonntagnachmittag kündet sich also an.

Die Spezial-Ausstellung zum 50 – Jahre – Jubiläum und der Film zum Dorf und seinen Bewohnern von einst von Emil Hartmann ist noch zu sehen, ebenso die wunderschön gearbeiteten Gegenstände  aus dem Rebbau, der Beitrag zur Traubensaftproduktion im Dorf, besonders lustig verzierte Kacheln und Ziegel und natürlich die weltweit einzigartige Sammlung fossiler Stachelhäuter vom hiesigen Heistersteinbruch.

Eben erst gesammelt und schon ausgestellt…

Heimatmuseum Schinznach-Dorf bietet Spannendes

So schnell sind die fünfzig Jahre zwar doch wieder nicht vergangen, doch anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums erscheint das Museum frisch herausgeputzt. Einige der ursprünglich zur Eröffnung am 27. Mai 1961 bereits vorhandenen Gegenstände sind ausgestellt, andere wurden dem Museum über Jahre hinweg zugetragen und präsentieren sich nun ebenfalls im wunderhübschen Spycher – selber ein Museumsstück aus dem Jahre 1647.

Selbstverständlich kann bei einem Besuch auch ein Blick ins Depot oberhalb des benachbarten Feuerwehrmagazins gewagt werden, dort lagern – allerdings gedrängt – weitere Schätze.

Eine dort vollständig aufgestellte Schuhmacherwerkstatt mit allen Nägelchen und Hämmerchen entzückt Erwachsene wie Kinder. Ebenfalls für Kinder übersichtlich sind die Modelle der Landwirtschaftsmaschinen – Pflüge, Eggen und Sämaschinen, einstmals Lehrstücke an der Landwirtschaftlichen Schule Brugg. Entzücken dürfte das Modell der Ölmühle Veltheim hervorrufen: alles bewegt sich angetrieben vom Mühlrad, das sich selbst im Museum mit dem Wasser dreht. Viele farbige Etiketten gibt es in der Traubensaftausstellung zu bewundern. Die Zinnsoldaten in Schlachtformation begeistern wohl wieder eher die Erwachsenen. Die Bilder auf den ausgestellten Ofenkacheln betrachten Jung und Alt gerne oder vertiefen sich gar in die Formen und Symmetrien der fossilen Stachelhäuter aus der weltweit einmaligen Heistersammlung.

Die Museumsgründung präsentiert sich gut dokumentiert – und hier schliesst sich nun ein kleiner Wettbewerb an, dessen Gewinner mit einem Produkt aus dem Tal belohnt werden soll: in der Dokumentation sind Gegenstände abgebildet, die auch in der aktuellen Ausstellung ihren Platz gefunden haben. Finden Sie sie, schreiben Sie sie auf – alles liegt im Museum bereit – und das Los ermittelt den glücklichen Gewinner.

Märchenwelt im Heimatmuseum

Otto Moser zeigt seine Fundstücke in Schinznach-Dorf

Berühmt ist das Heimatmuseum in Schinznach-Dorf eigentlich für seine uralten fossilen Fundstücke, doch am nächsten Museums-Sonntag, am 7. August 2011, präsentieren sich auch ganz rezente.

Otto Moser (90) aus Thalheim stellt in einer einmaligen Spezialausstellung seine Kostbarkeiten aus Holz und Sandstein aus – Fundstücke eben, die er mit Künstlerblick am Aare- und Reussufer entdeckt und heimgetragen hat. Eine Märchenwelt aus lauter Pflanzen- Tier- und Menschengestalten entfaltet sich vor unseren Augen, alles vom Wasser geformtes Holz und geschliffener Stein. Manche Gestalt zeigt sich erst nach längerem Betrachten, bei anderen hat Otto Moser «Sehhilfe» geleistet durch Einfügen eines Auges. Er wird zudem persönlich anwesend sein und so manche Geschichte zu seinen Fundstücken zum Besten geben können: «Chläbregi Händ» habe er halt gehabt, so manches hätte er in seinem vagabundierenden Leben einfach sammeln müssen.

Diese Spezialausstellung wird nur diesen Sonntagnachmittag lang die bestehenden Ausstellungen um das 50-Jahre- Jubiläum des Museums, die Traubensaftproduktion im Schenkenbergertal, die Rebbau-Ausstellung, «Licht und Wärme» und die fossilen Stachelhäuter vom Heister ergänzen.

Auch die Mittlere Mühle ist offen
Das Heimatmuseum ist offen jeweils am ersten Sonntag vom Monat von 14 bis 17 Uhr, und diesmal auch zusammen mit dem Mühlemuseum, dessen Mühlräder und Mahlwerk ein paar Schritte weiter östlich rattern. Mit Plakaten, Merktafeln und einer Diashow wird die Funktion der Mühle erklärt. Emmer und Einkorn wird an diesem Tag geschrotet zur Herstellung eines Spezialbiers. Erika Amsler, Jürgen Hoffmann und Urs Obrist teilen sich die Führungen, sie kennen jedes Details und jeden Ablauf und freuen sich ebenfalls auf Besucher.

Moschten und Mahlen in Schinznach-Dorf

Doppelmuseumstag am Sonntag, 2. Oktober 2011 von 14 bis 17 Uhr

Ein lauschiges Weglein verbindet die Mittlere Mühle mit dem Heimatmuseum, durchaus einen kleinen Herbstspaziergang wert.

In der Mittleren Mühle wird dieses Jahr nochmals geschrotet und die Museums-Müllerin samt ihren Müllern stehen bereit, um Red und Antwort zu stehen mit allerhand multimedialer Unterstützung. Das Mühlrad wird sich ein letztes Mal in diesem Jahr drehen, angetrieben vom Warmbach, der eben der herbstlichen Abkühlung trotzt.

Zinnsoldaten-Erläuerungen

Im Heimatmuseum hingegen herrscht Handbetrieb, das Rad der alten Obstpresse dreht sich mit körperlichem Krafteinsatz. Jung und Alt sind zum Drehtest eingeladen oder auch nur das Resultat zu geniessen in Form eines Glas frischgepressten Mostes. Zum Aufsaugen stehen Speck und Brot bereit. Gestärkt lässt sich nun den Ausführungen vom Zinnsoldatenexperten Peter Mäder folgen. Als Spezialist vom Landesmuseum wird er endlich die Schlachtordnung im «Teutoburger Walde» und weiterer Tablaux aus der Sammlung des ehemaligen Bezirkslehrers Eduard Gerber in die korrekte Aufstellung bringen und erklären können.

Die Ausstellung zum das 50-Jahr- Jubiläum des Heimatmuseums neigt sich dem Ende zu, noch wartet ein kleiner Wettbewerb auf den glücklichen Gewinner, der sich allerdings in allen Räumen wird umsehen müssen: Landwirtschaftsmaschinen in Originalgrösse und in Miniaturform wären zu inspizieren, die Ausstellung zum Rebbau ‚Licht und Wärme’, das Kellergewölbe mit den fossilen Stachelhäutern aus dem Heistersteinbruch und die Galerie mit Gefängnistüre und Bilderschmuck aus der Kirche. Ruhigere Unterhaltung bietet hingegen der Film von Emil Hartmann über das frühere Dorfgeschehen, kompetent kommentiert von ihm selbst und dem Gemeindeschreiber Hansruedi Gysi.

Reinhard Vogts letzter «Hütedienst»

Saisonabschluss im Heimatmuseum Schinznach-Dorf

Am ersten Novembersonntag, dem 6. November 2011, ist das Heimatmuseum Schinznach-Dorf zum letzten Mal im 2011 geöffnet. Und ebenfalls zum letzten Mal wird Reinhard Vogt von 14 bis 17 Uhr zum Saisonabschluss «Museumsdienst» haben.

Als Mitglied des Stiftungsrates vertrat das Schinznacher Urgestein den Kulturgrund seit Jahren im Heimatmuseum und stellte hier sein breit gefächertes Wissen den Besucherinnen und Besucher, aber auch den ausstellunsgestaltenden Stiftungsratsmitgliedern zur Verfügung. Nun will der bald 84-Jährige etwas kürzer treten. Das wird allgemein bedauert, denn kaum einer weiss wie er so viel über Gegenstände im Museum, über Geschichtsabläufe und Personen.

Aktiver «Winterschlaf»
Im Museum können am Sonntag quasi als Einstimmung zur Winterzeit die schöne Weingläsersammlung, die Lampen und Ofenkacheln besichtigt werden. Fluchtgedanken an ein vor 165 Millionen Jahren hier exisitieren- des, warmes Jurameer lassen sich in der einmaligen Heister-Ausstellung hegen. Und wer Interesse hat, im Depot Gegenstände aus dem Winterschlaf zu wecken, der melde sich bei der Museumsleitern Dorothee Rothenbach. In diesem aktiven «Winterschlaf» werden übrigens wieder Zivildienstleistende mit der Archivierung der Bestände des Museums fortfahren.

Sicher ist, dass am ersten Sonntag im Mai, am 6. Mai 2012 also, die neue Saison beginnt. Im Mittelpunkt dürfte das Thema «150 Jahre Apotheke Schinznach-Dorf» stehen. Nach wie vor ist das Museum interessiert an «gegenständen und Geschichten« über das Schenkenbergertal. Wer etwas hat oder weiss, meldet sich bei der Museumsleitung.